Was ist positive Führung?
Vielleicht ist es an dieser Stelle ratsam, zuerst zu sagen, was positive Führung nicht ist: Positiv heisst nicht, dass negiert wird, was herausfordernd ist oder falsch läuft. Es bedeutet nicht, dass man fortan mit rosaroter Brille durch den Arbeitsalltag läuft, stets in guter Laune und einer permanenten «Alles ist gut»-Einstellung.
Positive Führung legt den Fokus auf Stärken, Ressourcen und Kompetenzen einer Person, eines Teams und einer Organisation. Herausforderungen wird dadurch begegnet, dass vorhandene Ressourcen gestärkt werden. Sie zielt darauf ab, individuelles Potential zu entfalten, Energie freizusetzen und positive Emotionen zu stärken. Kurz gesagt, also Funkensprühen. Dabei schlägt sie die Brücke zwischen Theorie und Praxis, weil sie auf Methoden und Praktiken setzt, deren Wirkung empirisch gut belegt ist.
Auch wenn positive Praktiken zum Teil einfach anzuwenden sind, geht positive Führung als Haltung tief und braucht Zeit, bis sie verankert ist. Mit ihr wird ein Fundament bereitet, das in guten Zeiten trägt, aber auch Stürmen und schweren Zeiten Stand hält. Gewissermassen baut positive Führung die Widerstandskraft oder das Immunsystem einer Organisation auf. Und dabei fängt sie bei der Führungskraft selbst an und umfasst Themen wie Selbstführung, Haltung, Selbstbild und Selbstreflexion.
Welche Faktoren sind es nun, die bei positiver Führung eine Rolle spielen? Welche Faktoren sollte eine Führungskraft im Blick haben, um einen Rahmen zu setzen, in dem Menschen aufblühen und Funken sprühen können?
Das PERMA-Modell
Der amerikanische Psychologe Martin Seligmann hat das PERMA-Modell entwickelt, welches die fünf messbaren Elemente des Wohlbefindens umfasst. Dies sind nach seinem Verständnis die Faktoren, mit denen Menschen aufblühen und ihr Potential entfalten. Es stellt daher auch ein Kernmodell in der positiven Führung dar.
- P wie positive Gefühle: Das bewusste Erleben positiver Gefühle wie Dankbarkeit, Hoffnung, Zuneigung, Wertschätzung, Zuversicht oder Genuss ist ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden von Menschen. Dafür kann man aktiv etwas tun. Positive Führung muss diesen Gefühlen Raum geben und diese pflegen – im eigenen Leben wie auch im Team.
- E wie Engagement: Menschen werden zufriedener, wenn sie ihre Stärken leben. Üben wir Tätigkeiten aus, bei denen die Schwierigkeit der Aufgabe mit den Kompetenzen im Gleichgewicht ist, kann Flow entstehen. Dies ist ein beglückendes Gefühl mentaler Vertiefung, bei dem Zeit und Raum vergessen werden. Positive Führung unterstützt dabei, die eigenen Talente und Stärken kennenzulernen, und gibt Raum, um diese im Unternehmen einzubringen.
- R wie Relationships (Beziehungen): Das menschliche Gehirn ist für soziale Beziehungen verdrahtet. Funktionierende Beziehungen, gute Kontakte und das Gefühl, sich auf andere verlassen zu können, tragen enorm zum Glücksgefühl bei. Positive Führung versucht soziale Netzwerke zu stärken und investiert in positive Beziehungen.
- M wie Meaning (Sinn): Für das Glücksempfinden ist es relevant, ob wir das Gefühl haben, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen oder etwas zu tun, was für uns Bedeutung hat. Eine positive Führungskraft ist sich in erster Linie bewusst was ihr*ihm Sinn stiftet und gibt dem eigenen Handeln Sinn. Darüber hinaus ist sie bestrebt, ein Umfeld zu schaffen, in dem andere entsprechend ihrer Werte, Wünsche oder Sehnsüchte arbeiten können. Kernelement ist dabei auch, die Bedeutsamkeit der einzelnen Beiträge und den übergeordneten Sinn einer Gesamtorganisation transparent und zum Gespräch zu machen.
- A wie Accomplishment (Zielerreichung): Das Erreichen von Zielen fördert das Selbstwertgefühl und erhöht das Glücksgefühl. Im positiven Führungsansatz werden gemeinsam realistische und konkrete Ziele gesetzt, die erreicht werden können. Erfolge werden gewürdigt und gemeinsam gefeiert.
Zu jedem dieser fünf Bereiche gibt es Methoden und Praktiken, deren Wirkung wissenschaftlich geprüft ist. Um einen ersten Eindruck zu erhalten, werden nachfolgend exemplarisch drei positive Praktiken vorgestellt, mit denen man direkt anfangen kann. Denn Veränderung kommt nicht daher, dass man die Dinge versteht, sondern nur dadurch, dass man sie in die Tat umsetzt.